Startseite   |   Login   |   Impressum   |   Datenschutz   |   Heimatverein
normale Schrift einschaltengroße Schrift einschaltensehr große Schrift einschalten
 
Link zur Seite versenden   Ansicht zum Drucken öffnen
 

Der Speicher in Seelingstädt

 
 
 
 
 

Vom Kornspeicher zum generationenumfassenden Vereins – und Dorfgemeinschaftshaus

https://fotos.verwaltungsportal.de/seitengenerator/gross/75d959b5600d908ba0d5e02bf5f110fb_2.jpgDer SPEICHER generationenumfassendes Dorf - und Vereinshaus

Die markante Dachform des Speichers, die einem umgedrehten Schiffskörper gleicht, weckt das Interesse jedes Betrachters. Die Dachkonstruktion verweist auf den Zwang, Holz zu sparen, zugleich aber auch auf Innovation und Kreativität, große Räume zu schaffen. Der Speicher berichtet als Zeitzeuge von wirtschaftlichen Strukturen des ehemaligen Rittergutes. Eingebettet in das historische Ambiente der schönen Renaissanceanlage, prägt er mit seiner Architektur das Dorfbild nachhaltig mit.

 

Der Speicher leitet mit seiner zweckmäßigen, bodenständigen Schönheit, ohne sich aufzudrängen, über in das Zusammenspiel von zurückliegender und vor uns liegender Geschichte, er spiegelt Arbeit und Leben der Menschen. Für sie soll er nach den Vorstellungen des Heimvereins und vieler Seelingstädter als Vereinshaus zukünftig eine wichtige Rolle  spielen,- er soll Generationen verbindend Heimat für das  Dorf- und Vereinsleben sein,- ein Ort, an dem Geschichte lebt.

 

Geschichte
Bereits vor 1000 Jahren wurden bogenförmige Dächer errichtet. In der Zeit von 1790 wurde das Prinzip weiter entwickelt, mittels bogenförmiger, aufrecht stehender Bohlenstücke lange gekrümmte Sparren zu erzeugen, um große, stützenfreie Räume zu schaffen. Durch die Publikationen von D. Gilly fand die Bohlenbauweise (eine Holzspartechnik) ab etwa 1800 bei den Landesbaumeistern viele Befürworter.

 

In großer Vielfalt wurde die Form dieser Dächer jeweils für die entsprechende Nutzung entwickelt, ob Theater oder Reithalle, Kirche oder Speicher, wie in Seelingstädt. Die freie Dachkonstruktion mit der sachsenweit größten Spannweite bei landwirtschaftlich genutzten Gebäuden (13,80 m) überdeckt in Seelingstädt ein, aus Bruchstein und Ziegeln gemischt errichtetes Erdgeschoss. Kreuz-und Tonnengewölbe bilden kleine und große Räume.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Das Rittergut, eines der Stammhäuser der Familie von Döring, wurde in der Nähe der  Wasserburg errichtet, deren gut erkennbare Fundamente beim Entschlammen des Wals (Dorfteich) aufgefunden wurden. Der Speicher in seiner jetzigen Form wurde nach 1876 aus verschiedenen Grundformen und Einzelgebäuden errichtet,- auf topografischem Material von 1803 gut erkennbar. Das erklärt vor allem den Wechsel zwischen Tonnen- und Kreuzgewölben im Erdgeschoß.

 

Chance
Bereits seit den frühen 90gerJahren haben sich engagierte  Seelingstädter in Einzelaktionen für die „alte Scheune“, - für die Erhaltung des Speichers eingesetzt. Nach zwischenzeitlichem Verkauf durch die Treuhand an einen mittellosen „Investor“ erwarb der Caritasverband das heruntergewirtschaftete, ruinöse Grundstück. Mit der Genehmigung für den Abriss der „Ruinen“ forderte die Denkmalpflege die Erhaltung des SPEICHERS. Die abzureißenden Gebäude waren vorher fachlich dokumentiert worden.
Ein Vergabe ABM Projekt ermöglichte in einem 1. Abschnitt den Abriss der Stall- und Wirtschaftsgebäude. Der 2. Abschnitt sollte 2001 die Rekonstruktion des Speichers werden. Dazu kam es wegen finanzieller Unzuverlässigkeit der derzeitigen  Dienstleister nicht mehr. Wiederholte Bemühungen bei Ämtern und Stadtverwaltung blieben ergebnislos, obwohl die Möglichkeiten bestanden hätten. Grund war, -niemand glaubte an eine Zukunft.

Im Jahre 2002 wurde der Heimatverein Seelingstädt e.V. gegründet, der sich die Erhaltung des Speichers auf die Fahnen geschrieben hatte. Allerdings konnten weitgehend nur erhaltende Einzelaktionen der zukunftsorientierten Seelingstädter, wie z.B. den Abriss des Trockenschuppens, durchgeführt werden.

Der Speicher versank in einen Dornröschenschlaf. Während dieser Zeit verfasste eine Studentin eine interessante Diplomarbeit über das Rittergut. Professoren  und Studenten versuchten sich vergeblich an Entwürfen für eine Zukunft des Gebäudes.

 Erst  2007 bekamen die langen Bemühungen der Seelingstädter um den Erhalt des Speichers durch die Arbeit von Dr. Ing. habil. Klaus Erler einen Innovationsschub. Er ist bei den Recherchen zu seinen  Büchern über die Bogenbohlenbinderkonstruktionen Sachsen auf Seelingstädt und den Speicher gestoßen. Fortan unterstützt er die Arbeit um den Erhalt des Denkmals.

Unterstützt durch leidenschaftliche Leistung engagierter Handwerker, bemüht sich der Heimatverein Seelingstädt verstärkt um den Erhalt des ortsbildprägenden Gebäudes. Zunächst konnten mit Hilfe der Denkmalpflege und großen Eigenleistungen Bausicherungsarbeiten zur Substanz-Erhaltung durchgeführt werden. So wurde der Lasten-Aufzug am Ostflügelabgerissen.

Der Gewölbeschaden, der als großer Riss in der gesamten Länge durch den heutigen „Löwensaal“ verlief, war dadurch verursacht, dass das Gewölbe die Ostmauer nach außen gedrückt hatte. Hier wurden mit Förderung der Denkmalpflege aufwendige Stützen gebaut, welche die Statik wiederhergestellt haben. Die durch den Gewölbedruck stark nach außen geneigte Ostwand wurde zum Teil abgerissen und neu aufgebaut,- in Eigenleistung.    

Den äußerst sanierungsbedürftigen Ostflügel hat der befreundete Zimmermann aus Altenhain im Zusammenhang mit umfangreichen und weitreichenden Holzsanierungen wieder ertüchtigt und ausgebaut. Im Dachboden wurden viele Balken „angeschuht“, sehr viele wurden ausgewechselt, Balkenköpfe erneuert, Bogenbohlenbinden komplett oder teilweise ersetzt. Die marode „stehende Gaupe“ wurde abgerissen und das Dach geschlossen. Windrispen (Querverstrebungen) wurden neu eingebaut, um einen weiteren „Dominoeffekt“ bei der Neigung der Binder zu verhindern. (Noch während der Ausführung dieser Arbeiten war nicht klar, ob und wie das Vorhaben finanziert werden könnte.

Immer und immer wieder haben Seelingstädter die Gewölbe frei gelegt, Abfall beseitigt Mauern zurückgebaut, um den weiteren Verfall zu verhindern.

Ab 2010 kommt dem Verein das Europäische Programm zur verstärkten Förderung der ländlichen Regionen zu Gute. Mit Hilfe des Integrierten Ländlichen Entwicklungs- Konzepts (ILEK) und vieler Spender innerhalb des Heimatvereins und außerhalb, ist ab 2013 mit 25% Eigenmittel die Finanzierung der Umbaumaßnahmen des Speichers zum generationsübergreifenden Dorf- und Vereinshaus möglich. Im historisch, ländlichen Ambiente der Gewölbe sollen Nichtgewerbliche Dienstleistungen neben Kulturangeboten, Treffs und Möglichkeiten zum Feiern das Dorfleben bereichern und attraktiv gestalten.
 
Bau und Gegenwart
Am 30.11.2011 hat der Koordinierungsausschuss, unter Federführung des Landschaftspflegeverbandes dem Antrag des Heimatvereins zugestimmt. Damit war der Weg frei für den Förderantrag. Vier Wochen nach dieser Zustimmung war die Richtlinie, welche Grundlage für das Konzept war,  geändert worden. Unter großen Mühen, vielen Kontakten und Gesprächen, mit bewundernswerter Unterstützung der Mitglieder und vieler Freunde konnte der Antrag so formuliert werden, dass er bewilligungsfähig wurde. Den Zuwendungsbescheid erhielt der Heimatverein am 09.04.2013.

Zukunft

Über Jahre haben die Mitglieder des HV und das ganze Dorf zum Tag des Offenen Denkmal einen Familien- und Denkmalstag gefeiert

Der offizielle Baubeginn war Oktober 2013,- die Fertigstellung,- die Einweihung des Speicher fand am 21.März 2015 statt. Inzwischen hat der Speicher für große, runde und schöne Geburtstagsfeiern , -Grüne, Silberne und Goldene Hochzeiten Raum geboten. Mütter kommen mit ihren Kindern – Kaffeenachmittage erfreuen sich großer Resonanz, Skat wird gespielt und in frohen Runden gesungen. Die Handarbeitsrunden, Häkeln, Töpfern finden genau wie Konzerte oder Tanzveranstaltungen in diesen herrlichen urigen Räumen statt.

 

Schon immer bemühen sich Menschen um die Bewahrung ihrer Kultur, um den Erhalt baulicher Geschichte, besonderer Gepflogenheiten und Traditionen, um den Erhalt und die Pflege der Natur, und in besonderer Weise bemühen sie sich um die Bewahrung von Erinnerung und Geschichte. Ohne zu wissen, wie es einmal war, - woher man kommt,- ohne dieses Wissen ist es schwer zu bestimmen, wohin man will.


Seit 2001 hat, mit der Vorbereitung des 750. Jährigen Jubiläums von Seelingstädt und unter dem positiven Einfluss des von vielen getragenen großartigen Festes, ein Energieschub 2002 zur Gründung des Heimatvereins Seelingstädt e.V. geführt.

Seither bereichert der fast 50 köpfige Heimatverein mit seinen Angeboten das Kulturleben von Seelingstädt , - er bereichert und sichert in partnerschaftliche Zusammenarbeit mit den Kameraden der Freiwilligen Feuerwehr, dem Sportverein, dem Kindergarten und der Kirchengemeinde und vielen motivierten Einwohnern die Gestaltung des Heimat- und Dorffestes. Organisiert werden seit Februar 2014 diese Feste vom eigens dafür gegründeten Verein „Seelingstädter Dorfleben e.V.“, in welchem alle Vereine und Interessierten zusammenarbeiten.

 

Viele Angebote erfolgen an Kinder, Senioren und Familien  durch den alljährlichen SPEICHER-Tag (Tag des Offenen Denkmals) durch Ausfahrten oder Handarbeits- und Bastelabende.

 

Um die Aktivitäten zu unterstützen und sowohl das Kultur- und Vereinsleben zu beheimaten, hat sich der Heimatverein um die Erhaltung und den Ausbau des denkmalgeschützten Speichers in Seelingstädt erfolgreich bemüht.

 

Als Zentrum des dörflichen Lebens wird er neben der 2015 eröffneten bundesligatauglichen Kegelbahn helfen, Seelingstädt lebenswert und für junge Menschen wieder attraktiver werden zu lassen.

Wer keine Vergangenheit hat, der hat auch keine Zukunft.